stauden.isip.de
Pflanzenschutz-informationen der LWK Nordrhein-Westfalen für Staudengärtner
Mehr lesenDerzeit kann man bei mit Getreide bestellten Schlägen oder Teilen davon deutlichen Aufhellungen beobachten. Einige Hersteller von Düngermitteln begründen dies mit Schwefelmangel, der jetzt durch eine Schwefeldüngung ausgeglichen werden kann. Diesbezüglich sollten folgende Aspekte beachtet werden. Schwefel wird von den Pflanzen in Sulfatform (SO4-) aufgenommen. Sulfat ist ein Anion und kann von den Austauschern, v.a. Tonmineralien, deshalb nicht adsorbiert werden. Die hohen Niederschläge im Herbst und Winter sowie der letzten Wochen haben dazu geführt, dass große Mengen an Sulfatschwefel in tiefere Bodenschichten verdriftet oder sogar gänzlich aus dem Wurzelraum ausgewaschen worden sind. Deshalb lagen auch die Nmin-Werte i.d.R. auf einem deutlich niedrigeren Niveau als sonst die Jahre. Schwefel ist ein wichtiger Hauptnährstoff und wird von den Pflanzen hauptsächlich als Eiweißbaustein benötigt, weshalb der Nährstoff maßgeblich das Biomassewachstum zuträglich ist und auch zur Qualität des Erntegutes beiträgt. Es wird darüber hinaus auch für den Chlorophyllaufbau (deshalb die Aufhellungen) benötigt oder ist an der Steuerung wichtiger Stoffwechselvorgänge (Enzyme) beteiligt.
Die Schwefelaufnahme durch die Pflanze erfolgt parallel zur Stickstoffaufnahme. Ein Mangel an Schwefel bedeutet deshalb gleichzeitig eine Störung des Stickstoffstoffwechsels. Seitdem Schwefel in deutlich geringeren Mengen durch Deposition in der Luft auf die Flächen gelangt, sollte zu bedürftigen Kulturen Schwefel in ausreichenden Mengen ab Beginn der Vegetation im Erntejahr in der Sulfatform gedüngt werden. Der Bedarf im Getreide liegt in normalen Jahren bei 15 bis 20 kg/ha S. Diese Empfehlungen resultieren aus langjährigen Düngeversuchen. Gewisse Mengen an Sulfatschwefel werden im Jahresverlauf auch aus dem Boden nachgeliefert, die der Pflanze in normalen Jahren auf v.a. organisch versorgten Standorten zusätzlich zur Verfügung stehen. Diese Mengen werden jedoch erst mit Erwärmung der Böden und zunehmender Aktivität der Bodenorganismen bereitgestellt. In Jahren mit hohen Schwefelverlusten durch hohe Niederschläge und gehemmter Nachlieferung aus dem Boden kann sich der Schwefeldüngebedarf bei Getreide durchaus auf 30 bis 40 kg/ha ansteigen. Auch sonst weniger bedürftige Kulturen haben dann einen Düngebedarf. Die erforderlichen Schwefelmengen sollten bis einschließlich der Stickstoff-Schossergabe appliziert worden sein und können als Mischdünger angewendet werden. Die Pflanzen nehmen beide Nährstoffe dann über die Bodenlösung mit ihren Wurzeln auf. Hohe Schwefelmengen nach dem Zeitpunkt des Schossens kommen pflanzenphysiologisch eindeutig zu spät. Mit dieser Maßnahme können allenfalls Bedarfsspitzen und ein latenter Mangel vorgebeugt werden. Kleinere Mengen können am ehesten und sicher über das Blatt aufgenommen werden; das sollte dann aber ebenfalls als Sulfatform passieren. Bittersalz wäre zum Beispiel ein Produkt für die Blattapplikation. Dies kann auch meist in Kombination mit einem Pflanzenschutzmittel erfolgen (Herstellerangaben bzgl. Mischbarkeit befolgen!).
In den letzten Tagen waren die Temperaturen sehr niedrig. In Kombination mit der Feuchtigkeit im Boden fielen auch die Bodentemperaturen wieder ab, was nicht nur zu einer Stagnation des Pflanzenwachstums, sondern auch zu einer Absenkung der Bodenleben-Aktivität geführt haben dürfte, was dann auch ein Verlangsamen der Stickstoff- und Schwefelmineralisation bedeutet. Getreidebestände, welche zu Beginn der Vegetationszeit keine oder nur unzureichende Schwefeldüngung erhalten haben, können in der derzeitigen Hauptwachstumszeit mitunter Schwefelmangelsymptome zeigen (Aufhellungen der am jüngsten entwickelten Blätter, Wachstum ist gehindert, Ähren- und Blütenbildung gehemmt). Ein sicherer Schwefelmangel kann über eine Beprobung von Pflanzenteilen, z.B. bei der LUFA NRW bestimmt werden. Oftmals erhält man das Analyseergebnis jedoch zu spät, um darauf mit einer Düngung reagieren zu können, weshalb die Ansprache und das Erkennen auf dem Feld maßgeblich für eine Mangel-Diagnose sind. In den kommenden Tagen werden die Temperaturen wieder deutlich ansteigen und es soll mild bleiben, was die Aktivität des Bodenlebens nach zuvor hoher Aktivität Anfang vor dem Kälteeinbruch (historisch warme Monate!) erneut stimulieren und für eine gewisse Nachlieferung an Stickstoff und Schwefel sorgen wird. Auf bestimmten Standorten und bei unzureichender Schwefeldüngung zu Beginn der Vegetationszeit kann eine ergänzende Schwefelblattdüngung in nächster Zeit Sinn machen, bzw. eine Absicherung schaffen. Wenn ein Mangel früh diagnostiziert und schnell gehandelt wird, können noch ertrags- und qualitätsrelevante Effekte erzielt werden. Hält der Mangel bereits länger an, zeigen solche Düngemaßnahmen in der Regel keine Erfolge mehr, weil sie physiologisch nicht mehr verwertet werden können. Bei der Stickstoff-Abschlussgabe (Ährengabe) sollten deshalb reine Stickstoffdüngerformen gewählt werden, um die Umwelt nicht unnötig mit Schwefel zu beladen.
Bei der Ansprache der Bestände sollte in diesem Jahr unbedingt beachtet werden, dass aufgrund der ergiebigen Niederschläge an vielen Standorten – unabhängig von der Bodenart – eine Wassersättigung und Staunässe vorlagen und noch vorliegen, die zum einen das Wurzelwachstum in punkto Feinwurzeln und Tiefenausprägung und zum anderen die biologische Aktivität gehemmt haben. Auch können sich für die Wurzeln giftige Stoffe gebildet haben. Solche Bestände reagieren ebenfalls mit Wachstumsdepression und Aufhellungen, weshalb hier auf den ersten Blick eine Fehleinschätzung gemacht werden könnte. Dieses Phänomen ist von typischen Nährstoffmangelsymptomen abzugrenzen.